Fallter

Der Winter friert des letzten Blattes zähen Saft

Aus seinen welken Adern flieht des Daseins Kraft

Doch lassend nicht, sträubt zitternd es sich an den Ast

Den seine Sehnsucht flieht, doch seine Angst erfasst

Wie war im Sommer ihm so heiß, zu fliegen

Sich in den hellen Himmeln auf zu heben
In lichten Lüften leicht zu schweben

So eingelöst dem weiten Wiegen

Doch fiel im Herbst schwer Blatt um Blatt

Aus seiner Träume Krone ab

Fiel traurig, tief und schwach und matt

Zu dunkler Erde kaltem Grab

Der letzten Hoffnung aufgegeben

Löst nun sich aus des Baumes Leben

Das Blatt; fällt heim des Frühlings zartem Weben

Dem Falter wachsen Flügel – frei nun, frei zu schweben

(Henning Sabo)

Exil-Dichter (für Ali)

Getrennt von den Bildern

Die die Heimat dir gab

Suchend ein Morgen

In nicht endender Fremde

Ein Weg, über Grenzpfähle

Und Brücken gesetzt

Tränen in Zeit eingefroren

Und die Uhr

Die schneller dich trennt

Und langsam, so quälend

Nur vorwärts gerinnt

Graue Himmel über grauen Mauern

Ein ungekanntes Gesicht

Und ein Mund, der anderes spricht

Schweigend die Trauer

Und auch im Mantel die Kälte

Die das Herz nicht verhüllt

Die Augen nicht schützt

Doch den Haaren

Treiben schon Blüten

Unter den Fingernägeln

Wächst eine Spur

Die den Horizont lüftet

Sich häuten jetzt

Und ein Schmerz bleibt zurück

Und das Nie-Wieder

Wie das Vergessen

Und die Narben stillt Hoffnung

Und ein ungefundenes Wort

Das du bist

(Henning Sabo)