Vor der Ruhe

Die Unruhe wird sich beruhigen.

Du siehst das Meer sich zurückziehen.
Schneller, weiter, gewaltiger als jemals zuvor.

Du weißt, was das heißt,
Du weißt, was dem folgt –
Und dennoch wirst du bleiben.

Du bleibst –
Und du schaust;
Schaust die Menschen,
Die nicht wissen, die nicht sehen.

Du hast sie oft genug gewarnt –
Du wirst es nicht mehr tun.
Nichts wird sie hindern, nichts aufhalten,
Weiter Arbeit und Ablenkung nachzugehen.

Es schenkt sich dir ein wahres Wort,
Ein schöner Satz,
Ein erhabener Text –
Und du setzt an, ein Gedicht zu notieren …

Aber dann entscheidet etwas,
Es schon jetzt dem Wind anzuvertrauen,
Es einer späteren Seele zuzuschreiben …

Auch die Wehmut mag nicht mehr bleiben.
Da ist nur noch Sehen und Schauen.

Am Horizont kannst du die Welle erkennen.

(Henning Sabo)

Ida Widawati – »Udan mas / Udan iris / Sekar manis«

Der Link zum Sonntag:

Auch heute, natürlich, eine Musik, die ich sehr mag, obwohl sie von einer sehr weit entfernten Insel stammt und anderen Menschen unseres Kulturkreises vielleicht erst einmal fremd und exotisch erscheinen mag; mir war und ist sie immer sehr vertraut.

Es ist Musik aus Indonesien, von der Insel Java und aus der Region Sunda. Sie nennt sich » Tembang Sunda« und besteht aus Gesang (oft im Wechselgesang zweier Sänger), der von der Zither Kacapi und der Flöte Suling begleitet bzw. »umspielt« wird. Ich habe ein Stück mit der (zu Recht) sehr bekannten Sängerin (und Ensemble-Leiterin) Ida Widawati ausgesucht, das mir besonders gut gefällt.

Ida Widawati – »Udan mas / Udan iris / Sekar manis« (Tembang Sunda)

Bleiben

Ich bleibe.
Lasse stehen,
Was Wahn und Welt nicht widersteht.

Ich bleibe.
Lasse gehen,
Was nicht zum letzten Grunde geht.

Ich bleibe.
Lasse sitzen,
Was sich Besitz nicht widersetzt.

Ich bleibe.
Lasse bleiben,
Was nicht zur Gänze sich ergibt.

Ich bleibe.

(Henning Sabo)

Wasser-Perlen

Nach dem Regen
Auf dem Boden:
Wasserperlen
Auf den Blättern.

Als hielten Welt und Plan und Zeit
Nun inne in der Ewigkeit,
Als öffnete die Stille weit
Das Schöne der Vergänglichkeit,
Den Augenblick der Einsamkeit.

Nach dem Regen
Auf dem Boden:
Wasserperlen
Auf den Blättern.

(Henning Sabo)

Im Nieseln

Regen! –
So keine Lust,
Mich jetzt nach draußen zu bewegen
Und dort im Draußen mich zu regen!

Doch dann, die Luft ist sanfte Feuchte,
Das Nieseln schenkt dem Gehen Leichte,
Die Welt scheint weich und weit und mild gestimmt:
Ein Lächeln, das mich lind nach innen nimmt.

(Henning Sabo)