Über meine Vision (Raum, um zu sein)

Jeder Mensch
Ist ein Versuch
Zu lieben

(Henning Sabo)

Was ich im Leben schmerzlich vermisste und also sehnlichst suchte: die Erfahrung, einfach angenommen zu sein; als das, was ich bin, eben so, wie ich jetzt sein kann. Mithin nicht bewertet (über- oder abgewertet) werden, nicht beurteilt (ver- oder abgeurteilt) sein. Keiner Norm oder Normalität entsprechen müssen, nicht von gewissen Erwartungen und Vorstellungen beengt und erstickt werden. Diese Erfahrung möchte ich Menschen nun schenken und sein, ihnen ein »Raum, um zu sein« sein.

Die allem innewohnende Stille entdecken, sich ihr überlassen, einfach nur sein, sich sein lassen, Frieden erfahren, Frieden geben. Ich darf es ja täglich erleben, wie wunderbar das ist, wie nah und unmittelbar, und wie sehr es darauf wartet, endlich erkannt und angenommen, entfaltet und gelebt zu werden. Den Raum dafür will ich gerne geben und teilen.

Die meisten Menschen erfahren diesen Frieden und dieses Gelassensein nicht; sie sind viel zu sehr damit beschäftigt, ihre angeblichen Mängel zu beheben und sich etwas zuzufügen. Im steten Glauben, dass ihnen etwas fehlt – an ihrem Dasein, an ihrer Person, zu ihrem Heil, zu ihrem Glück –, halten sie nicht einen Moment lang inne und sehen so nicht, dass alles bereits da ist und sie in jedem Augenblick vollkommen sind.

Utopien und Religionen, Therapien und Selbstfindungen, Erlösungswege und Heilsversprechen gehen ebenso von einem Mangel aus und setzen Mangelhaftigkeit voraus. Sie nehmen dir ab, was Du ursächlich hast, und sie sprechen dir ab, was Du ursprünglich bist. Sie versprechen dir etwas; sie versprechen dir, dass Du durch sie zu etwas kommen wirst. Etwas zu versprechen, heißt, zu behaupten, dass es jetzt nicht da ist. Zu versprechen, dass Du zu etwas kommen wirst, das ist, es dir jetzt vorenthalten und es dem Augenblick entwenden. Es bedeutet, dich aus dir selbst zu entfernen, dich dir zu entfremden und einen Keil aus Raum und Zeit zwischen dich und die Wahrheit zu treiben; einen Weg, den Du erst befolgen und zurücklegen musst, bevor Du weißt, was Du weißt, bevor Du bist, wer Du bist. Solche Versprechen leugnen, dass ist; sie lügen, und wer sie macht, erkennt und anerkennt die Wahrheit nicht.

Frieden ist da, Stille ist da. Wahrheit ist da, Weisheit ist da. Heimat ist da – und Geborgenheit. Fülle ist da – und Vollkommenheit. Sein ist da, Gewahrsein ist da. Ununterbrochen, nicht zu brechen. Nirgends nicht präsent, niemals nicht existent. Niemals nicht hier, nirgends nicht da. Immer wahr und in Frieden, stets vollkommen und geborgen. Um das zu entdecken, genügt es, einen Moment lang stille zu sein; stille zu sein und bloß zu schauen, stille zu sein und einfach »wahrzunehmen«. Dem Wahrnehmen nichts vorenthalten, dem Schauen nichts hinzufügen. So kann Vollkommenheit sich gänzlich offenbaren, so darf der Friede sich nun endlich erfüllen. Da ist nichts als Lieben. Da ist nichts als Lieben.

Obwohl all das unbedingt da ist und sich bedingungslos schenkt, gibt es Bedingungen, unter denen es leichter fällt und eher möglich scheint, es wahrzunehmen und anzuerkennen, es zu erkennen und anzunehmen. Sich dem Trott entziehen, seine Ansprüche ignorieren, Gewohnheiten ablegen, sich ihrer enthalten; Orte und Situationen besuchen, die Stille sind und Stille vermitteln, Verhaltensweisen und Übungen praktizieren, die Aufmerksamkeit fördern und den Augenblick nicht verlassen; ganz bewusst mit der Wahrheit sein, Wahrheit hören, Wahrheit lesen. Solche Bedingungen sind wie ein Rahmen, der das Draußen ein bisschen abhält und dem Drinnen einen höheren Wert verleiht. Sie kreieren einen Raum, in dem die Stille sich eher hört, in dem die Wahrheit sich leichter zeigt.

Dieser »Raum« ist eine alltägliche Herausforderung, eine augenblickliche Einladung in die Entscheidung, was ich jetzt sein und mit meinem Leben erfüllen will: das, was ich mir angewöhnt habe, mir gestatte, oder das, was ich bin. Dieses vitale wie vitalisierende Experimentieren, um »mich herauszufinden«, »mich mir einzubinden« und mich aufzulösen, bedarf keinerlei Anstrengungen, verlangt keine Unterwerfungen unter Glauben oder Bekennen, es erfordert und fördert weder eine theoretische noch praktische Übung von Religion oder Weltanschauung. Ich muss dafür nichts »über mich bringen« noch mich an etwas übergeben; ich darf es sogar sein lassen, mich sein zu lassen – und einfach nur sein. Es bedarf nur meines GeWissens, meiner Gewissenhaftigkeit, zu wissen, worum es geht, und zuzulassen, dass es ist und geschieht. Das ist Aufgabe ohne Aufgabe, Hingabe ohne Hingabe, ein annahmeloses Annehmen dessen, was ist, ein vertrauensloses Vertrauen in diesen Augenblick und seinen ImPuls. Das mich nicht von hier wegholen und irgendwo hinbringen will, sondern darauf besteht, dass ich immer allgegenwärtig bin. An meinem einzigen Ort, Hier, in diesem Gewahrsein, in meiner einzigen Zeit, Jetzt, in diesem Augenblick. Der »Raum« eröffnet mir, in Wahrheit zu bleiben, statt immer weitere Realitäten zu erzeugen und ihnen nachzufolgen.

Für mich hat sich der Sinn meines Lebens erfüllt. Ich habe die Wahrheit gefunden, nach der ich gesucht. Was jetzt noch kommt: sie entfalten und mit anderen Menschen teilen. Ihre Vielfalt in allem umarmen, ihre Vollkommenheit immer tiefer anerkennen. Und es gibt ja noch so viel zu schreiben! Was ich mir wünsche: anderen Menschen dieser »Raum« zu sein; sein Vorhandensein für sie sichtbar zu machen und sie einzuladen, einzutreten, darin zu verweilen, zu sein, sich selbst zu entdecken. Im Raum des Gebens und Vergebens, in dem wir nichts spielen, uns nichts vorspielen müssen. In dem und indem wir uns Sein und Wissen einander zumuten dürfen: Da ist nichts als Lieben und wir sind nichts als Lieben.

Einen solchen Raum möchte ich zur Verfügung stellen. Physisch als ein Haus, das allen Menschen offen steht. Offen, um dort eine Zeit lang zu sein und mit mir zu leben. In der Lebendigkeit der Stille, in der Präsenz der Wahrheit, in der Einfachheit reinen Seins. Psychisch als »Raum«, in dem sein darf, was ist, sich offenbaren darf, was gerade erscheint. In dem jeder Mensch angenommen ist als das, was er ist, und so, wie er sich momentan zeigt. Das ist meine Vision. Mein »Raum, um zu sein«.

Auch wenn ich dieser Raum bin, kann ich ihn nicht allein erschaffen und erhalten. Was ich gebe, ist mein Sein: meine Person, meine Fähigkeiten und Erfahrungen (z.B. in Meditation, Energieübung, Selbsterforschung), meine Bereitschaft, zu sein und zu tun. Was ich gebe, ist mein Haben: Medien und Gegenstände, die ich versammelte, weil sie Schönheit und Wahrheit vermitteln; die ihren Sinn darin haben, geteilt und genutzt zu werden. Was ich brauche: die finanzielle Unterstützung, um solch ein Haus kaufen und unterhalten zu können und um den Menschen darin das Notwendigste zur Verfügung zu stellen: ein Dach über dem Kopf, einen Platz, um zu schlafen, etwas Wärme, um nicht zu frieren, etwas zu trinken und zu essen. Was ich brauche, ist die praktische Ausübung ideeller Unterstützung, die Bereitschaft, diesen Raum zu gestalten und darin ebenso offen, improvisationsfreudig und neugierig wie dieses Sein selbst zu sein. Was ich brauche: Freunde und Vertrauende, Visionäre und Schenkende, wahrhaft »Ent-täuschte«, zutiefst »Ent-schlossene«.

In meiner Vision ist »Raum, um zu sein« Ursprung einer Gemeinschaft von Menschen, die sich der Unmittelbarkeit der Wahrheit hingeben, statt weiterhin unhaltbare Lügen und Zustände aufrecht zu erhalten und sich dem Leben und ihrer selbst zu entfremden. Menschen, die keine Zugeständnisse an Moden und Märkte mehr machen, sondern sich eingestehen können, dass sie nichts als bedingungsloses Lieben sind, ohne zu wissen oder erfahren zu haben, wie sie damit umgehen und wie sie es leben können. Die einander nicht bewerten, sondern befürworten, einander nicht beurteilen, sondern bestätigen, einander nichts vormachen, sondern sich Mut machen, sie selbst zu sein und alle anderen ebenso sein zu lassen. Menschen, die wissen, dass wir kein menschliches und zwischenmenschliches Problem je lösen werden und können, solange wir uns nicht von jenen Behauptungen und Ideen erlösen, die diese Probleme erst hervorbringen und erzeugen. Diese Menschen, deren Kreativität keiner Wirtschaft, sondern der eigenen Gemeinschaft dient und ihr zugute kommt, deren Energie sich nicht im Gegeneinander vergeudet und erschöpft, sondern den AkzepTanz des Gebens und Vergebens tanzt, sie werden bewegen und verwirklichen – und zugleich lächelnd und unberührt in der Stille des Raumes verweilen.

Diese Vision spricht dich an? Du möchtest sie unterstützen, nutzen, mit gestalten helfen? Mehr darüber wissen? Dann sprich mich an:
»Raum, um zu sein«

Ein Mangel kann nur dort entstehen
Wo wir uns etwas vorenthalten

Sind wir der Fülle ganz ergeben
Darf sich Vollkommenheit erleben

(Henning Sabo)

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