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Letzte Woche habe ich an dieser Stelle zwei Ausschnitte aus einem Konzert mit verschiedenen Marimba- und Xylophon-Instrumenten vom Tanz- und Folklore-Festival in Rudolstadt vorgestellt. Mit dabei bei diesem Konzert waren auch die baskischen Zwillings-Schwestern Sara und Maika Gomez mit ihrem Instrument Txalaparta, die ich hier gerne noch etwas eingehender vorstellen möchte.
Wenn Sara und Maika sich treffen, tragen sie manchmal die gleichen Klamotten. Das ist vorher nicht abgesprochen. Es passiert einfach. Wenn sie zusammen Essen gehen, wählt immer nur eine von ihnen die Gerichte aus. Da beide sowieso das Gleiche mögen, macht sich nur eine die Mühe, die Speisekarte durchzusehen.
Das sei schon immer so gewesen, sagen die eineiigen Zwillinge, die 1978 im spanischen Vitoria geboren wurden. Schon als Kinder wollten sie immer die gleichen Kleider tragen, dieselben Spielsachen haben. Kein Wunder also, dass sie auch beide das gleiche Instrument lernen wollten. Zuerst Gitarre und durch einen Zufall schließlich Txalaparta. Eine Lehrerin stellte den damals 12-jährigen Mädchen das Instrument vor. Die beiden waren sofort begeistert. Ein großes xylophonähnliches Instrument, das man nur zu zweit spielen kann. Mit Holzstäben wird rhythmisch auf lange Holzbretter gestampft. Man braucht dafür keine Noten, alles wird improvisiert.
Je besser die Spieler miteinander harmonieren, desto schöner der hölzern-warme Sound und desto virtuoser das Spiel. Schnell merkten Sara und Maika, dass dies ihr Instrument war. »Txalaparta hat uns ausgesucht, nicht wir haben es ausgewählt«, sagen die kleinen zierlichen Frauen heute. Unter dem Namen »Ttukunak« reisen sie um die Welt und begeistern ihr Publikum auf Festivals und Konzerten. Viele halten sie für die weltbesten Spielerinnen dieses Instruments. Egal ob sie alleine auf der Bühne stehen oder zusammen mit anderen Musikern, es ist faszinierend zu beobachten, wie harmonisch sie auf Tempi- und Rhythmuswechsel reagieren.
Ttukunak – Live beim Festival Atapercu
Einen Doppelgänger zu haben, einen ständigen Begleiter, gerade auf Konzerttouren, kann aber auch auf die Nerven gehen. »Manchmal denken die Leute, nur weil wir gleich aussehen, sind wir auch genau der gleiche Typ Mensch. Das ist nicht so, wir sind schon verschieden. Maika ist eher schüchtern und zurückhaltend, während ich kommunikativer bin und ein eher ungeduldiger Typ«, sagt Sara. Dass sie zwei eigenständige Menschen seien, betonen sie deshalb immer wieder. Gerade als eineiige Zwillinge sei man ständig auf der Suche nach Abgrenzung.
Wenn man sie fragt, was es ist, das sie zu dieser außergewöhnlichen Einheit auf der Bühne macht, dann vergleichen sie sich mit einem Liebespaar: »Wenn du in jemanden verliebt bist und ihr sagt im selben Moment die gleichen Worte, dann beschreibt das ungefähr das, was ständig zwischen uns passiert.« Im selben Augenblick den Rhythmus wechseln oder in der Improvisation kurz inne halten, diese magischen Momente funktionieren ohne Worte, ohne jedes äußere Zeichen. Ein Leben ohne die andere? Unvorstellbar! Beide sind überzeugt: »Einen Zwilling zu haben, ist das Beste, was dir passieren kann!«
Die Txalaparta ist ein traditionelles baskisches Instrument. Sie wird meistens von 2 Personen gespielt, die mit jeweils 2 vertikal gehaltenen Stöcken (Makilak) auf Klangkörper schlagen und dadurch einen gemeinsamen Rhythmus erzeugen, der teilweise an den Klang galoppierender Pferde erinnert. Die Spieler stehen sich dabei gegenüber oder nebeneinander.
Ttukunak – Live-Vorführung in einer Kirche
Die klassische Txalaparta (Txalaparta Zaharra) besteht aus einem bis 2 Meter langen Holzbrett, das über zwei Stützen (umgedrehte Körbe, Stühle, Böcke, ….) gelegt wird. Dabei muss sich zwischen der Stütze und dem Brett jeweils noch ein isolierendes Material befinden, z.B. Heu, Maisblätter, zusammengerollte Säcke, Fell oder Schaumstoff.
Die moderne Txalaparta besteht aus mehreren Brettern, die aus demselben oder aus unterschiedlichen Hölzern (Kirsch-, Kastanien- oder Erlenholz) bestehen können und oftmals gestimmt sind. So lassen sich auch Melodien spielen und das gemeinsame Spielen mit anderen Instrumenten wird einfacher. Anstatt oder ergänzend zu den Holzbrettern kommen auch Steine, Eisenstangen oder sonstige Metallrohre, Röhren aus Karton und andere Materialien zum Einsatz.
Das faszinierende an der Txalaparta ist die Art, wie sie gespielt wird. Zwei Spieler erzeugen gemeinsam einen Rhythmus. Es handelt sich nicht um ein zweistimmiges Spiel, sondern um eine Art Kommunikation zwischen den beiden Txalapartaris. Dabei gibt ein Txalapartari Tempo, Lautstärke usw. vor, während seine Schläge vom anderen Spieler beantwortet werden. Es ist notwendig, sich zuzuhören und aufeinander einzugehen. Es ist sehr gut zu hören, ob zwei Personen zusammen spielen oder jeder für sich.
Der Grundrhythmus Txakun/Ttakun besteht aus 2 aufeinander folgenden Schlägen. Weitere Rhythmen sind der Herrena (1 Schlag), Hutsena (nichts) oder Ttakatun (3 Schläge). Das Spiel ergibt sich aus der Kombination dieser und anderer Rhythmen. Ein weiterer Grundrhythmus ist z.B. der Lauko. Hier folgen die Schläge gleichmäßig aufeinander und es macht Spaß, zusätzlich weitere Schläge zwischen die eigenen und die Schläge des Partners zu setzen.
Inzwischen lässt sich auch in Deutschland in einem Seminar das Spiel der Txalaparta erlernen.