Meinen

Vielleicht würde es genügen, es nicht nur anzunehmen, sondern es ebenso zu akzeptieren, dass es neben dem, was einfach so ist, wie es ist, eben auch all jenes gibt, von dem wir nur meinen, dass es so ist, wie es ist.

Und da all das also ein Meinen ist, ergo das Meine und Meines ist, gibt es davon so viele, wie es Menschen gibt. Vielfalt ist das, was es auszeichnet, Verschiedenheit das, was es ausmacht. Das Wesen des Meinen ist, dass es immer nur einen Ausschnitt erfasst und ein Abbild wiedergibt, und somit all der anderen bedarf, damit es sich zu einer Wahrheit ergänzt und zusammensetzt. Das ist das, worin die Wirklichkeit besteht.

In jenem Mut, den wir Demut nennen können, können wir erkennen, dass alles Meinen lediglich ein Erscheinen im Einen ist, und dass es nichts anderes als ein Erscheinen des Einen ist – und dass das für alle und alles, für jegliches Meinen gilt. Darin liegt die Vollkommenheit der Unvollkommenheit.

In diesem Erkennen erstirbt die Notwendigkeit, das eigene Meinen über das der anderen zu stellen, verstummt die Versuchung, eines anderen Meinen zu diskriminieren, versagen die Angewohnheiten, ein anderes Meinen in Unheil und Bosheit zu verdammen.

Ich muss es nicht verstehen, ich muss es nicht lieben, aber ich kann es erkennen als das Meine im Anderen.

(Henning Sabo)

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