Sitzende und Schauende

Heute steht der Wassersprenger der Bank ganz nahe, auf der ich abends für eine Stunde die Sonne genieße. Während das Holz der Bank bisher noch trocken geblieben ist, sind die Steinplatten, die zu ihr führen, bereits allesamt nass.

Ich lasse meinen Rücken an der Armlehne lehnen, um so auch Beine und Füße auf der Bank abzulegen. So wärmt mich die Sonne von der Seite, während ich in den direkt vor mir hin und her wandernden Tropfenbogen schaue.

Manchmal, wenn ein bisschen Wind in meine Richtung weht, geht ein feiner, feuchter Luftzug über mich hinweg. Auch die Reichweite des Wasserstrahls verändert sich, und manchmal kommt er so nahe, dass ich das Platschen der Tropfen höre oder zwei, drei Spritzer abbekomme.

Ich sitze bereits eine Weile und schaue, als ein kleiner weißer Schmetterling angeflogen kommt und sehr zielstrebig direkt neben mir unter der Bank auf der feuchten Steinplatte landet. Er faltet seine Flügel zusammen und bleibt so regungslos sitzen.

Ich mache mir etwas Sorgen, denn in einer der weiteren Runden könnten die Wassertropfen ihn leicht erreichen und so vielleicht seine so zarte Erscheinung verletzen. Aber den kleinen weißen Schmetterling scheint das nicht zu irritieren, er bleibt ganz still sitzen, auch wenn die Tropfen unmittelbar neben ihm aufprallen.

So sitzen wir beide von der Sonne beschienen und lassen den Regen auf uns zukommen. Und irgendwann wird mir bewusst, dass wir beide, der kleine weiße Schmetterling und ich, unendlich Glückliche sind.

(Henning Sabo)

Ein Gedanke zu “Sitzende und Schauende

  1. Yvonne Neubeck-Aslan sagt:

    Das sind sehr schöne Zeilen … erzählend und beschreibend und glückbringend.
    Viele Grüße Yvonne

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