Alles in Zucker

Des Bemerkens wert:

Es gibt immer mehr Menschen, die Diabetes haben.
In der Regel erzählen sie nicht davon, aber sie verraten es immer dann, wenn ich ihnen ein Stück Obst anbiete.
»Oh nein!«, rufen sie aus, fast panisch und mit großer Geste, »Das darf ich nicht, ich habe Zucker, das ist Gift für mich.«
Und noch etwas haben sie gemeinsam.
Ganz unten in ihren Papierkörben finden sich diverse Umverpackungen von Schokoladentäfelchen.

Lichter Moment

Die Bilder gehen verloren
Nicht aber das Schauen
Die Dinge werden zerfallen
Nicht aber die Sphären

Die Körper werden einander zerstören
Aber nicht ihr Gewahren
Die Geister werden sich nicht mehr gebären
Das Eine wird sein alleinzig dem Einen

Schatten erkennt sich als Licht
Licht erkennt sich als Schatten
Und ohne ein zweites Gesicht
Leuchtet im Leuchten das Leuchten:
Dem Schatten erscheinend als Licht
Dem Lichte erscheinend als Schatten

(Henning Sabo)

Haindling – »Spinn I«

Der Link zum Sonntag:

Nein, ich bin wahrlich kein Freund bayerischer Musik oder bayerischer Blasmusik im besonderen. Aber wenn Hans-Jürgen Buchner auf seine wunderbare Art diese Instrumente spielt und dazu seine originellen und poetischen Texte – die man auch als Nicht-Bayer versteht – singt, dann bin ich ganz Ohr und werde sogar zum Fan dieser eigenwilligen Musik, die er seit über 30 Jahren mit seiner Gruppe »Haindling« (benannt nach seinem Heimatort) einspielt.

Hier drei Kostproben aus seiner dritten CD »Spinn I«, die bereits aus dem Jahre 1985 stammt:

Haindling – »Ganz alloans«

Haindling – »Spinn I«

Haindling – »Gemein«

Das aber genügt

Einen Moment lang halte ich inne,
Zu schauen die innere Weite.
Dann fahre ich fort,
Zu tun, was zu tun …

Einen Moment lang bleibe ich stille,
Zu wissen das äußerste Freie.
Dann lege ich frei,
Was mir auferlegt …

Nichts wird mir genügen.
Das aber genügt.

(Henning Sabo)

Bewegungen im Nichtbewegten

Verfolgung

Heute sah ich auf einem Bahnhofsvorplatz ein Schild, das dort das Inline- und Skateboard-Fahren verbot. Es endete mit dem Satz: »Zuwiderhandlungen werden verfolgt.«
Kaum hatte ich dies gelesen, sah ich einen kleinen Film vor meinen Augen, in dem offenbar zum Verfolgen befugte – oder sich berufen fühlende – Personen einige mittels Inlineskates oder Skateboards zuwiderhandelnde Personen verfolgten. Allerdings ziemlich erfolglos, da sie sie nie zu fassen bekamen.
Dieser Film brachte mich zum Lachen.

Anfeuerung

Auf meiner Fahrt mit dem Zug hatte ich zuvor in einer Stadt ein Auto brennen gesehen, wodurch der Begriff »lichterloh« auf einmal sehr bildhaft und sehr real erschien, ebenso die Begriffe »angesteckt werden« und »Feuer fangen«, denn die Autos rechts und links von diesem hatten bereits ebenso zu brennen begonnen.
Diese Autos parkten unter der Brücke einer Stadtautobahn, und die Rauchfahnen, die sich (ebenso bildhaft) aus diesem Feuer heraus entwickelten, stiegen bis dorthin nach oben und umfingen für einen Moment – eben für jenen, in dem mir im vorbeifahrenden Zug dies alles erschien – einen gerade mit Blaulicht über diese Brücke fahrenden Feuerwehrwagen, wohl unterwegs, um eben dieses Feuer baldmöglichst zu löschen.

Oberleitung

Später, auf meiner Fahrt nachhause, erreichten und verließen wir pünktlich alle eingeplanten Bahnhöfe. Auf meinem vorletzten, unmittelbar vor dem, an dem ich und einige andere aus- und umsteigen wollten, informierte eine Durchsage uns Passagiere, dass der vor uns liegende Streckenabschnitt infolge eines Schadens an der Oberleitung derzeit nicht passierbar wäre und es zu einer Verzögerung von mindestens 25 Minuten käme. Eine Nachricht, die im Wagen zu reger Betriebsamkeit und zur vermehrten Aufnahme von Handygesprächen führte.
Schließlich erklärte uns eine weitere Durchsage, dass man sich entschieden habe, unseren Zug umzuleiten und auf einem anderen Weg direkt zum übernächsten Bahnhof zu fahren. Über die Möglichkeiten, von dort zur eigentlich vorgesehenen nächsten Station zu gelangen, würden wir später informiert werden. Eine Nachricht, die noch hektischere Betriebsamkeit und noch aufgeregtere Handygespräche hervorrief.
Eine Unruhe, die mich befremdete und zugleich amüsierte. Spürte ich doch, dass sich im Grunde gar nichts veränderte. Ich schloss meine Augen und lauschte den Geräuschen und Stimmen von außen wie dem Schlagen des Herzens und dem Rauchen des Blutes von innen. Ich gewahrte den Atem, den Atem in mir und in allem, und gewahrte die Stille, die sich durch alles bewahrte und die in allem ruhte.
Hätte ich einen Vergleich angestellt, ich hätte Unbill und Umwege erfahren und wäre am Ende zwei Stunden verspätet gewesen. So aber ist nichts passiert oder geschehen und das, was ist, ist das, was ist geblieben. Ich habe mich bewegt in Raum und Zeit, bin aufgebrochen und heimgekehrt. Währenddessen ist Hier stets Hier geblieben, ist Jetzt immer Jetzt gewesen.
So wie auch jetzt, so wie auch hier.