Und doch keinen Frieden

Hast ja alles.
Mehr als genug.
Und doch: keinen Frieden.
Unstillbar, die Sucht.

Stellst nicht in Frage.
Gehst nicht zu Grunde.
Hältst in der vagen
Gewohnheit dich fest.

Wirst nicht erschüttert.
Kannst damit leben.
Obwohl es dein Leben
Längst nicht mehr ist.

Hast ja doch alles.
Schon mehr als genug.
Doch es wird dir kein Frieden:
Nichts stillt deine Sucht.

(Henning Sabo)

Mensch zu sehr

Bist so scheu,
Weil zu sehr hingegeben;
Bist so kühl,
Weil innen viel zu weich.
Bist so traurig,
Weil erfüllt von Leben;
Bist so flüchtig,
Weil unendlich reich.

Bist so schweigsam,
Weil das Sein dir spricht;
Bist so dunkel,
Weil du selbst so Licht.
Bist so wund,
Weil alles enget deine Weite;
Bist so fremd,
Weil niemand spiegelt deine Güte.

Bist Fallen,
Weil du Welten hältst;
Bist Lieben,
Weil du dich erkennst.
Bist nicht von hier,
Weil immer Hier;
Bist Mensch nicht mehr,
Weil Mensch zu sehr.

(Henning Sabo)

Fort aus Urzeiten

Sie zeigt eine fehlende Zeit.
Sie lässt sich nicht richtigstellen.
Sie ist nicht dazu zu bewegen, endlich stehen zu bleiben.
Sie schreitet unablässig voran, als käme sie irgendwann irgendwo an.
Auch sie schlägt beständig die Stunden – gleich allen anderen.
Auch sie ist bezeugt durch ihr Umkreisen:
Fortwährend fort aus Urzeiten.
Hin in ihr Hier.

Sich sehnend so sehr.
Sich sehnend so sehr.

(Henning Sabo)

Heinrich Schütz – »Il Primo Libro de Madrigali«

Der Link zum Sonntag:

Heute weiter in meiner Chronologie klassischer europäischer Musik, was mich zu Heinrich Schütz (1585-1672) führt.

Aus seinem Opus 1, der 1611 in Venedig veröffentlichten Madrigal-Sammlung »Il Primo Libro de Madrigali«, hier eine Auswahl in einer Live-Aufnahme des Ensembles »Collegium 1704« unter Václav Luks vom Abschlusskonzerts des Heinrich Schütz Musikfestes im Oktober 2013 in der Dresdner Annenkirche:

Heinrich Schütz – »Il Primo Libro de Madrigali« (Ausschnitte)