Außer Gefecht

Des Bemerkens wert:

Heute, da mich ein Gesundungsprozess – gemeinhin Krankheit genannt – aus dem alltäglichen Verkehr holte und zu Bett und Ruhe schickte, meinte einer der Anrufer, die mich immer wieder Schlaf und Traum entrissen, da wäre ich wohl noch rechtzeitig »außer Gefecht gesetzt« worden.

In der Tat fühlte ich mich die letzten Wochen eher in einem Gefecht denn in einem Leben, unablässig im Kampfe für oder gegen, immer in der Notwendigkeit, etwas entscheiden und organisieren zu müssen, ohne wirkliche Chance, dazwischen zur Ruhe oder zu genügend Schlaf zu kommen.

Nun bin ich ja der Letzte, der sich weißmachen ließe, es gäbe da ein »Ich«, das sich gegen irgendein »Anderes« oder gegen das Leben (als solches und so, wie es ist) behaupten und zur Wehr setzen oder es gar bekämpfen und »besiegen« müsse. Dennoch gerate auch ich immer mal wieder in Situationen, in denen »zu überleben« nicht allein deshalb anstrengend und aufreibend ist, weil das Leben nun mal nicht meinen Vorstellungen entspricht, sondern weil es mir tatsächlich gerade so vieles abverlangt, dass ich »alles« und »bis zum letzten« gebe und physisch wie psychisch kaum noch etwas zuzusetzen oder abzurufen habe.

Bleiben solche Situationen über einen längeren Zeitraum so erhalten und scheinen sich eher zu verschärfen denn zu entspannen, dann schleicht sich schließlich auch in mich das Empfinden, »dagegen« nicht mehr anzukommen und »dem« nicht mehr gerecht werden zu können. Auch, wenn ich es also eigentlich besser wissen und dessen gewahr sein müsste, ist es dann eben in der Summe tatsächlich zuviel und nicht mehr tragbar für mich.

Wie schön aber, dass uns das Leben in solchen Momenten immer wieder daran erinnert, dass wir gar nichts tragen und schon gar nichts wieder(!?) in den Griff – als gäbe es da Einen, der Eines in den Griff bekommen könnte! – bekommen müssen. Dann schickt es uns mal eben kurz (oder auch für länger) zu Boden, damit wir wieder wirklich fühlen, dass ja wir es sind, die getragen werden. Eine Erinnerung, die wir dann paradoxerweise »krank werden« nennen.

Oder eben »außer Gefecht gesetzt werden«. Obwohl es mir physisch gerade nicht »gut geht«, tut es mir jetzt gut, »außer Gefecht« und am bloßen Leben zu sein, Atem und Herzschlag wahrzunehmen und diesen Wechsel von Wachen, Schlafen und Träumen. Auch dem kann ich mich einfach geben und entschieden darin bleiben, »außer Gefecht« zu sein.

Nicht Jahr, nicht Wechsel

Weiß nichts von einem Wechsel,
Weiß nichts von einem Jahr:
Wie alles gründet in der Stille!
Wie jedes seiner selbst so bar!

Weiß nichts von einem Wechsel,
Weiß nichts von einem Jahr:
Wie ohne Zeiten, ohne Räume,
Ist alles wahr und sich gewahr.

Weiß nichts von einem Wechsel,
Weiß nichts von einem Jahr.

(Henning Sabo)

Sein im Sein

Es gleitet das Leben ins Leben
Und bleibt doch ein Sein nur im Sein
Es wandelt als Nehmen und Geben
Und kehrt doch nicht aus oder ein

Es gleitet das Leben ins Leben
Und bleibt doch ein Sein nur im Sein
Es scheint wie ein Sträuben und Streben
Und kennt doch nicht Ja oder Nein

Es gleitet das Leben ins Leben
Und bleibt doch ein Sein nur im Sein
Es teilt sich in Spalten und Weben
Und ist doch mit sich ganz allein

Es gleitet das Leben ins Leben
Und bleibt doch ein Sein nur im Sein

(Henning Sabo)