Dastehen

Des Bemerkens wert:

Heute, als ich in der Straßenbahn saß und diese längere Zeit an einer Haltestelle hielt, fiel mir auf der anderen Seite eine junge Frau auf, besser gesagt, die Art, wie sie dort stand, erregte meine Aufmerksamkeit.

Sie hatte ihre Füße auf seltsame Art gegeneinander verdreht, wodurch das eine Bein sich irgendwie um das andere zu winden schien. Offenbar war diese Haltung für sie ganz natürlich und bequem, denn sie wirkte dabei äußerst entspannt und sehr souverän.

Währenddessen versuchte ich für mich zu sortieren, wie sie eigentlich dort stand und mir daraufhin vorzustellen, mich selbst in diese Position »hinein zu versetzen«. Was mich zu dem Schluss brachte, dass ich unmöglich so stehen könnte, und wenn überhaupt, dann würde ich kaum mein Gleichgewicht halten können und diese anstrengende Stellung so schnell wie möglich wieder aufgeben wollen.

So sah ich also fasziniert zu der jungen Frau hin, für die diese Haltung so normal und unspektakulär zu sein schien, dass sie ihr keinerlei Aufmerksamkeit schenken musste. Ganz im Gegensatz zu mir, der ich nun ungeduldig darauf wartete, dass sie ihre Position endlich aufgeben und sich in Bewegung setzen würde, noch bevor meine Straßenbahn wieder davonfahren würde. Insgeheim erwartete ich wohl, sie besonders stark hinken oder sich sonst irgendwie ungelenk vorwärtsbewegen zu sehen.

Nun, meine Straßenbahn fuhr an und begann, in die nächste Kurve zu biegen, als die junge Frau mich endlich erlöste und gemächlich einige Schritte weiter ging – zu meiner Verwunderung ganz normal und gleichmäßig, ohne irgendwelche Auffälligkeiten. Was mich, ehrlich gesagt, ein wenig irritierte und verwunderte.

Nun nutzte ich jeden Halt meiner weiteren Fahrt, um bei allen Menschen, die dort draußen standen, zu schauen, wie sie denn dort standen und was sie mit ihren Füßen, Beinen und Becken machten. Ich weiß nicht, ob sich heute alle verabredet hatten, ob es Zufall war, ob es immer so ist, jedenfalls sah ich viele Menschen auf eine Art an diesen Haltestellen stehen, die mir weder sehr bequem noch sehr erstrebenswert erschien – allein, sie so zu sehen und wahrzunehmen, verursachte mir Schmerzen.

So kam ich schließlich zu dem Schluss, dass Menschen im allgemeinen ziemlich sonderbar dastehen.

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