DAAU – »We Need New Animals«

Der Link zum Sonntag:

Eine dieser CDs, von denen ich nicht weiß, woher ich sie habe und wie ich auf sie gekommen bin. Eine jener Gruppen, von denen man nicht weiß, wie man sie einordnen soll und als was man ihre Musik bezeichnen kann. Ich mag solche Eigenbrötler abseits des Mainstreams, ganz gleich, ob sie als Einzelkämpfer oder in der Gruppe auftreten.

Diese hier stammt aus Belgien, existiert in wechselnden Besetzungen seit 1992 und nennt sich nach einem Zitat aus Hermann Hesses »Der Steppenwolf« »Die Anarchistische Abendunterhaltung«, abgekürzt »DAAU«. Der angegebene Link führt zu den 10 Titeln ihres 1997 veröffentlichten zweiten Albums »We Need New Animals«, und wen die etwas schrille Geige im Opener »No Rules« nicht abgeschreckt hat, kommt vielleicht Stück für Stück dieser eigenartigen Mischung von Musik auf die Spur und auf den Geschmack – ich empfehle als Ruhepol den fünften Titel »Gin & Tonic«.

DAAU – »We Need New Animals«

Ton in Ton

Ton in Ton

Von all den Geräuschen
Ist uns das liebste der Bäume Rauschen;
Von all diesen Klängen
Ist uns der liebste der Vögel Singen.

Das liebste Konzert uns von allen:
Die Vielfalt des Wassers im Fallen;
Worin sich die Menschen bezeigen,
Darin uns das liebste: Ihr Schweigen.

Von all den Geräuschen
Ist uns das liebste der Bäume Rauschen.

(Henning Sabo)

Blieb zu sagen

Heute blieb mir
Nichts zu sagen.

Es war, wie es war,
Und ich nahm es wahr.
Nichts war dagegen,
Nichts war dafür.

Heute blieb mir
Nichts zu sagen.

Es war, wie es war,
Verwegen und klar,
Durch sich offenbar.
Nichts wurde genommen,
Nichts wurde gegeben,
Es war sich vollkommen.

Heute blieb mir
Nichts zu sagen.

(Henning Sabo)

Blöße

Wenn die Form sich entkleidet,
Das Wesen sich seiner enthebt,
Ist keiner, der liebt oder leidet,
Auch keine Seele, die ewiglich lebt.

Wenn die Form sich entkleidet,
Das Wesen sich seiner enthebt,
Bleibt niemand, der Dasein beeidet,
Kein Etwas, das in das Nichts nun entschwebt.

Wenn die Form sich entkleidet,
Das Wesen sich seiner enthebt,
Bleibt da nichts, das eint oder scheidet,
Nicht Schöpfung noch Sinn; nichts will und nichts strebt.

Wenn die Form sich entkleidet,
Das Wesen sich seiner enthebt,
Ist Leere, dass Fülle sich weidet,
Ist Stille, die sich gewahrt – und erbebt.

(Henning Sabo)

Henry Purcell – »The Cold Song«

Der Link zum Sonntag:

Heute ein recht kurzes Stück aus der Oper «King Arthur« (König Artus) von Henry Purcell, »The Cold Song« oder »What power art thou?«. Dieses berühmte Lied, das einen gewissermaßen »nicht kalt lässt«, erhält seine besondere Wirkung durch das stakkatoartige Spiel – das Antonio Vivaldi in ähnlicher Weise im 1. Satz des Winter-Teils seiner »Vier Jahreszeiten« einsetzt – der Streicher, das sich zudem noch im Gesang widerspiegelt und fortsetzt. Frost und Frieren werden dadurch fast körperlich spürbar und kommen einem scheinbar näher als nah.

What power art thou
Who from below
Hast made me rise
Unwillingly and slow
From beds of everlasting snow
See’st thou not how stiff
And wondrous old
Far unfit to bear the bitter cold
I can scarcely move
Or draw my breath
I can scarcely move
Or draw my breath
Let me, let me,
Let me freeze again
Let me, let me
Freeze again to death
Let me, let me, let me
Freeze again to death …

Ich habe drei sehr eindrückliche Live-Aufnahmen ausgewählt. Die erste stammt vom polnischen Counter-Tenor Jakub Józef Orliński. Die zweite vom deutschstämmigen Klaus Nomi, der Ende der 70er Jahre als Teil der New Yorker Schwulen- und Künstlerszene als »Singender Konditor« bekannt wurde. Gerade, als er auch international Berühmtheit erlangte, wurde er Anfang der 80er Jahre zu einem der ersten prominenten Opfer des HIV-Virus. Das Video zeigt ihn schon gezeichnet und geschwächt von seiner Krankheit. Die dritte Aufnahme stammt von der Gruppe »Voces8«, gesungen diesmal von einem Bassisten (Dingle Yandell), der im aberwitzigen Kontrast zum Text hier in kurzen Hosen singt.

Henry Purcell – »The Cold Song« (Jakub Józef Orliński)

Henry Purcell – »The Cold Song« (Klaus Nomi)

Henry Purcell – »The Cold Song« (Dingle Yandell)