Blume und Schmetterling

Wärst du doch, Falter, mir einmal zu fassen

Berührt, ach, nimmer würd’ ich dich lassen

Wär’ eine Wiese, meine Farben zu fassen

Dich würd’ ich darin schlummern lassen

Wäre ein Himmel, meine Träume zu fassen

Dich würd’ ich überallhin fliegen lassen

Wäre ein Nektar, meine Liebe zu fassen

Dich würd’ ich immer von trinken lassen

Kann doch das Gaukeln und Taumeln nicht lassen

Alle Buntheit der Welt muss mein Staunen erfassen

Kann doch das Suchen und Tändeln nicht lassen

Verfall wird mich fangen und Starre mich fassen

Kann doch nur zittern, muss doch verlassen

Nektar der Heimat, werd’ je ich dich fassen?

Kann ja auch fliegen, mich zu dir zu lassen:

Blume im Wind, darfst enger mich fassen!

(Henning Sabo)


Und wenn ich euch sage: Ich glaube!

Nicht an Dies, nicht an Das
Nicht an Gott, nicht an seine Nicht-Existenz

Nicht an die Hoffnung, nicht an den Tod

Ich sage: Ich glaube! Und damit genug
Nicht an ein Ziel, nicht an ein Ende

Nicht an den Ursprung, nicht an den Anfang

Ich sage: Ich glaube! Das ist mir genug

Nicht an Beweise, nicht an Gegenbeweise

Nicht an das Lehren, nicht an das Lernen

Nicht an Bestimmung noch an Befreiung

Und wenn ich euch sage: Ich glaube!

Dann fragt ihr: An was? und: An wen?

Könnt ihr nicht hören, nicht spüren?

Könnt ihr nicht sehen?
Und wenn ich euch sage: Ich glaube!

Könnt ihr nicht glauben?

Glaubt ihr mir nicht?

Ich weiß

Und spreche:

Nichts

(Henning Sabo)

Fallter

Der Winter friert des letzten Blattes zähen Saft

Aus seinen welken Adern flieht des Daseins Kraft

Doch lassend nicht, sträubt zitternd es sich an den Ast

Den seine Sehnsucht flieht, doch seine Angst erfasst

Wie war im Sommer ihm so heiß, zu fliegen

Sich in den hellen Himmeln auf zu heben
In lichten Lüften leicht zu schweben

So eingelöst dem weiten Wiegen

Doch fiel im Herbst schwer Blatt um Blatt

Aus seiner Träume Krone ab

Fiel traurig, tief und schwach und matt

Zu dunkler Erde kaltem Grab

Der letzten Hoffnung aufgegeben

Löst nun sich aus des Baumes Leben

Das Blatt; fällt heim des Frühlings zartem Weben

Dem Falter wachsen Flügel – frei nun, frei zu schweben

(Henning Sabo)

Frei zu sein in dieser Zeit,
Die für die Freiheit nicht bereit,
Die nach ihr sehnt und nach ihr schreit,
Doch wo sie wird, sich ihr entzweit –
Freund, wie könnte frei zu sein
Ich jetzt dich lehren?
Wenn du es ganz bezeugst –
Wie könntest du es je verlieren?

Frei zu sein in dieser Welt,
Die Freiheit nur gefangen hält,
Die sich vor sie und nach ihr stellt,
Doch wo sie wahr, sie wütend fällt –
Freund, wie könnte ich
Dein Freisein hier dir mehren?
Wenn du es wirklich willst –
Wer könnte es dir je verwehren?

Frei zu sein hier unter diesen Menschen,
Die um die Freiheit sich bekämpfen,
Die sie lieben, sie bedrängen,
Doch wo sie wächst, sich von ihr trennen –
Freund, wie könnte ich
Dir diese Freiheit garantieren?
Wenn du sie bist –
Kann nichts sie je zerstören!

(Henning Sabo)