Umsonst

Ich wartete umsonst,
Dass es vom Himmel fiele.
Es wohnte nicht im Schatz,
Nicht in der tiefsten Erde.
Es war wie eben fort,
Wohin ich mich auch wendete.

Erst als ich matt
Vor meine Füße blickte,
Erkannte ich, dass es von dort
Mir still entgegen wuchs.

(Henning Sabo)

Gewissheit

Geborgenheit
Wohnt nicht im Gewohnten
Nicht im sicher Geglaubten
Nicht im besser Gemeinten

Geborgenheit
Wurzelt nicht im Behaupteten
Nicht im stets Angenommenen
Nicht im niemals Ergründeten

Geborgenheit

Erwächst im Gewissen

Und erweist sich im Wissen

Zu sein, wer ich bin

(Henning Sabo)

Michael Gordon – »Timber«

Der Link zum Sonntag:

Den 1956 geborenen amerikanischen Komponisten Michael Gordon habe ich hier schon einmal mit zahlreichen seiner Kompositionen vorgestellt, auch mit einem 15-minütigen Ausschnitt aus seinem Stück »Timber«, ein englischer Begriff, der im wesentlichen für Nutzholz, Bauholz oder Holzbalken benutzt wird. Ein durchaus angemessener Titel, denn in »Timber« werden tatsächlich und ausschließlich sechs einfache mit jeweils zwei Schlägeln geschlagene Holzbohlen verwendet, die optisch durchaus aus einem Baumarkt stammen könnten. Doch es handelt sich um »echte« Musikinstrumente, um sogenannte Simantras, ohne inneren Resonanzraum, dafür aber mit einem ungemein reichen Obertonspektrum, was bei gleichzeitiger Verwendung mehrerer Simantras natürlich um so mehr »zum Tragen« kommt.

Dabei ist Michael Gordons Komposition ebenso minimalistisch wie das verwendete Instrument, längst nicht so komplex wie z.B. Steve Reichs »Drumming« oder selbst dessen »Music For Peaces Of Wood«, sondern von fast provokanter Reduziertheit und Unaufgeregtheit, sie erscheint fast spannungs- und ereignislos.

Und genau dadurch bringt sie einem eine völlig neue Klangwelt näher oder bzw. zieht sie einen in eine solche hinein. Oder, vielleicht noch treffender, holt sie durch die Klänge, die sie anspielt, aus einem selbst eine völlig neue oder noch unerhörte Klangwelt heraus. Zumindest dann, wenn man sich auf dieses »Anspielen« vollkommen einlässt und Ohren und Herz nicht mit einer (bestimmten) Vorstellung von Musik einengt. Dann scheint Michael Gordons Stück bei jedem Hören eine noch tiefere Schicht anzuschlagen und ein noch spannenderes Klangspektrum erklingen zu lassen.

Heute verlinke ich zum einen auf eine etwa 30-minütige Live-Aufnahme von »Timber«, die die Teile III, IV und V der fünfteiligen Komposition wiedergibt und dabei in etwa auch drei Fünftel der Gesamtzeit von etwas über 50 Minuten einnimmt. Die Aufnahme wurde 2014 an der Princeton University mitgeschnitten.

Michael Gordon – »Timber« (III,IV,V) live

Zum Vergleich und um auch in den Genuss einer Live-Aufnahme des kompletten Stücks zu kommen, hier eine Aufnahme des türkischen Ensembles »Sanena Percussion« aus dem »Borusan Music House« in Istanbul vom 16. Dezember 2015 – na, das passt ja (fast) ganz genau:

Michael Gordon – »Timber« (I,II,III,IV,V) live

Zum Schluss noch einen kleinen Ausschnitt aus einer Probe des Stücks durch das »Slagwerk Den Haag«, das sehr schön die Struktur der Komposition wie auch die verwendeten Instrumente erkennen lässt:

Michael Gordon – »Timber« live (kurzer Proben-Ausschnitt)