Käptn Peng & Die Tentakel von Delphi – »Sockosophie«

Der Link zum Sonntag:

und die treffende Silvester-Botschaft! Ein »guter« Künstler vermag nicht selten etwas »sehr Gutes« zu schaffen, immer mal wieder etwas »außerordentlich Gutes« und zuweilen etwas »Geniales«. Beim Lied »Sockosophie« von Käptn Peng (alias Robert Gwisdek) handelt es sich zweifelsohne um einen solchen Genie-Streich. Hier stimmt, wie man so schön sagt, einfach alles, die musikalische, sangliche wie szenische Umsetzung, aber vor allem der Text, der in seiner Komplexität, Tiefe und Vollkommenheit im modernen Musik-Geschäft seinesgleichen vergeblich suchen wird.

So (ur)gründlich, ausgiebig und ebenso erschöpfend wie erfüllend, auf einer solch hohen Ebene und diese tatsächlich auch durchdringend hat sich gesangs-textlich bisher niemand mit dem Themen-Komplex »Woher, Warum & Sinn« auseinandergesetzt. Und dabei findet Gwisdek wunderbare und stimmige Bilder und Beispiele und baut immer wieder erhellende »Wendungen« mit ein, die, je mehr Verwirrung sie zu stiften scheinen, die Fragen noch um so vollendeter (er)klären.

Mit von der Partie bei »Die Tentakel von Delphi« sind Robert Gwisdeks Bruder Johannes Gwisdek (alias »Shaban«) – beide entstammen der Ehe der Schauspieler Michael Gwisdek und Corinna Harfouch – am Schlagzeug, Peter Bartz an den Schlagwerken (zumeist alle möglichen Gebrauchsgegenstände), Moritz Bossmann an der Gitarre und Boris Nielsen am Kontrabass.

Auch sonst lohnt die Entdeckung der Musik, der Videos und vor allem der Texte von (in Hauptsache) Robert Gwisdek, die sich fast immer mit solch existenziellen und spirituellen Themen beschäftigen und darin wirklich ebenso wegweisende wie »quellengleiche« Formulierungen finden. Hier z.B. ein paar Zitate aus »Spiegelkabinett«:

»… Ich weiß nicht, wie es begann, es weckte mich ein Traum – Ich wurde darin eine Tür und mich betrat ein Raum … Und so suchte ich nach Leerheit und fing an mich zu übergeben … Kotzte tausend Jahre Christentum und Disney aus mir raus … Das Gestern wurde flüssig und vom Heute getrunken … Bis jetzt war kein Punkt auf einem Strahl von Zeit / Sondern ein multipermeabler symplektischer Kreis … Wohin du auch gehst, steht die Wahrheit dir im Weg / Und fordert dich heraus, bis du sie endlich verstehst / Du kannst die verleugnen und sie tausendmal zerreden / Kannst sie tausendmal widerlegen und sie tausendmal zerlegen / Doch am Ende wird sie sich all deiner Regeln entheben / Jegliche Knebel entknoten und die Barrieren enthebeln / Denn Leben ist nicht nur das, was du siehst, sondern auch das, was sieht, ja / Du denkst, du wärst nur der MC, doch in Wahrheit bist du der Beat – Und so nahm ich diese Stimme und beraubte ihr den Klang / Ich löschte alle Worte und ich wurde ein Gesang / Den niemand mehr versteht, und so bleibe ich alleine / Zwischen Spiegelscherben zieh ich leise meine Kreise / Und singe, eins minus Pi mal null hoch unendlich / Ich kenn die Wahrheit nicht, aber die Wahrheit kennt mich …«

Nun aber ganz das Wort (und die Musik) an Käptn Peng & Die Tentakel von Delphi und ihre Live-Aufnahme von »Sockosophie«:

Käptn Peng & Die Tentakel von Delphi – »Sockosophie« (live)

Und hier noch der Text zum Mitlesen:

»Logbucheintrag 612: An meinem Fenster fliegen Menschen vorbei

Nach all den Jahren kann ich immer noch nicht fassen:
Woraus hat sich dieser ganze Kram erschaffen?
Hat er sich von 0 auf 100 in den Raum gesetzt?
Ohne zu fragen, vom Nichts ins Jetzt?
Einfach so und aus sich selbst heraus?
Und gibt den ganzen Tag heimlich sich selbst Applaus?
Während Billiarden Mal Billiarden Mal Billiarden Formen wachsen
Und sich zu halbbewussten Wesen formen lassen
Es war Gott!
Aha und wer hat Gott erschaffen?
Hm, ich finde, dabei will doch irgendwas nicht passen
Fassen wir jetzt noch mal zur Übersicht zusammen:
Das Nichts, der Urknall, Menschheit, Untergang
Ne Moment, stopp, das ist zu einfach und zu ausgedacht
Wir werden schon von all den andern Weltraumrassen ausgelacht
Als die nichts Checkenden
Sich selbst Zerstörenden
Verrückten, Deprimierten
Die nichts sehen und nichts hören
Und die um sich Schlagenden
Verängstigten, Bekloppten
Die vergaßen, was sie waren
Und sich selber ständig foppten
Und sich toppten in der Disziplin der Selbstverarschung
Unsere Labyrinthe übersteigen die Erwartung
Jedes möglichen Meisters der Labyrinthedichtkunst
Wir folgen dem Kaninchen!
Und, huch, plötzlich bricht uns der Boden weg
6000 Jahre Fallen
Leute, die versuchen, sich mit Gurten festzuschnallen
Ein elegant gestaltetes
Jedoch ebenfalls fallendes
Vom Wind schon ein erkaltetes
Das sich den Spaß gefallen lässt
Bis schallendes Gelächter
Durch den Wind hallt
Denn manche machen plötzlich mitten im Wind halt
Sie stoppen, denn sie schweben
Und sie lachen sich halb tot
Haben aufgehört zu halten
Und gestalten ihre Not um zu Tugend:
Sie bemerken, dass das Fallen zu Schweben wird
Wenn man aufhört, sich an Dingen festzukrallen

Noch mal zurück zum Universum und zum Leben:
Genau genommen dürfte es das alles gar nicht geben
(Warum?)
Naja, woher soll es denn kommen?
(Aus dem Nichts!)
Hey, wir haben gesagt: genau genommen!
Und genau genommen kann aus Nichts nichts entstehen
(Vielleicht kannst du es nur aus deiner Sicht nicht sehen!)
Hmmm, möglich wär’s, vielleicht ist das mein Problem
Denn Variante Zwei ist für mich auch nicht zu verstehen
Sie lautet: irgendwas hat schon immer existiert
(Schon immer? Ich glaub ich hab’s noch immer nicht kapiert.)
Es war nie nichts vorhanden
Und es ist immer was passiert
(Seit wann?)
Mann, bleib mal bitte konzentriert
(Worauf?)
Auf dich und das Ewige, verdammt!
(Warum?)
Es ist der Ort, aus dem deine Existenz stammt
(Na und? Ist doch nicht mein Problem.)
Wer spricht denn von Problem?
Kannst du das Wunder denn nicht sehen?
Das sich dreht und entsteht
Und nie stoppt, sich zu drehen
Und dabei Licht zu imitieren
Und in sich selbst einzugehen
(Licht, welches Licht?)
Erzähl mir nicht, du siehst das Licht nicht!
(Ne!)
Alles um dich rum glüht
Nur dein Ich nicht
Denn dein Ich ist das Prisma
Durch das sich das Licht bricht
Es bündelt, selektiert und stellt sich dar wie deine Ich-Sicht
Doch in Wirklichkeit ist dein Ich viel umfassender
Ein Teil des Teils
Der anfangs alles war
Und wieder sein wird
Wenn du dein Ich verschmelzen lässt
Mit allem um dich rum
In dir drinnen und dem ganzen Rest
Licht mit Dunkel
Die Null mit der Eins
Das Bewusstsein mit dem Körper
Und das Alles mit dem Keins
Und so vereinst du den Schein mit dem Sein
Demontierst dein altes Heim, um dein Wesen zu befreien
(Was redest du für Scheiße?
Wie wär’s wenn ich dich einfach beiße?
Für deine dreiste Art und Weise
Liefer mir erst mal Beweise!)
Wofür?
(Für den Scheiß, den du reimst!)
Du meinst das mit der Quelle und der Null und der Eins?
(Jaa!)
Okay, lass mich grübeln
Ich kann dir deine Zweifel leider wirklich nicht verübeln
Doch du musst wissen
Dass es hier ums Ganze geht
Nicht um den Namen
Der auf deinem Schulranzen steht
Identität ist etwas Überpersönliches
Ja und Nein sind nichts Unversöhnliches
Schwarz und Weiß sind beide Licht
Und die Nonexistenz, die gibt es nicht!!!
(Das sind keine Beweise!)
Nein, das ist nur Vorbereitung
Für das, was ich dir zeige
Du willst Erwachen, Enthüllung
Befreiung von allen Schleiern?
Dann bitt’ ich um Verzeihung
Mit dem was ich dir zeige
Schock‘ ich dein’ Verstand:
In Wirklichkeit bist du ne Socke auf ner Hand
(Das ist eine unsägliche Frechheit!)
Was war das, ich hab dich nicht ganz verstanden?
(Das ist eine unsägliche Frechheit!)
Was jetzt genau?
(Das mit der Socke)
Na ja, das ist relativ offensichtlich aus meiner Perspektive.
(Beweise!)
War das’n Wort? Du bist ein Textil, sieh’s ein! Ich führe dich zurück auf deinen Wesensgrund. Schau mal!
(Aua!)
Das kann dir gar nicht wehtun, du bist doch nur eine Textilsocke …

Also kehren wir zurück
An den Ursprung des Ursprungs des Ursprungs des Ursprungs
Zurück an den sogenannten Eisprung des Ursprungs
Und was davor ist
Ist quasi meine Quelle
An die ich jetzt mal jene kühne Frage stelle:
„Warum?“
Sie antwortet nicht
Nicht gerade eine Quelle, die durch Service besticht
Vielleicht ist sie auch grad nicht da
Oder wollte nicht gestört werden
Oder hat mich kommen sehen
Und wollte nicht genervt werden:
(Oh Mann, schon wieder dieser Peng!
Der kommt hier immer an
Und sieht alles so eng
Und fragt Fragen-Fragen
Die nen hochgestellten Kragen tragen
Zerfragt seine Frage
Bis sich sogar seine Fragen fragen:
„Fragt er nur des Fragens Willen?
Will er wirklich Fragen stellen?“
Fatale Fragen-Fraktale
Die ihm aus den Poren quellen
Versucht mich zu umstellen
Reitet fragende Wellen
Reitet fragende Wellen
Die sogar selber Fragen stellen
Wartet, ich verarsch ihn
Werd’ mal meine Stimme verstellen
Und ihm sagen
Antworten soll er bei Quelle bestellen:
Jo, Peng, bestell doch all die komplizierten Fragen
Auf all die komplizieren Antworten
Die du brauchst, oder so ähnlich, bei Quelle
Und nicht bei mir, der Quelle allen Seins, oder?
Pass mal auf
Also wenn du schon von Schocken redest
Du bist hier der Typ, der grade mit ner Socke redet
Die auf deiner Hand sitzt
Und mit deiner Stimme spricht
Und du behauptest, die Behauptung dieser Socke stimmt nicht?
Falsch! Ich bin die Quelle selbst
Es ist gar keine Hand, mit der du dich unterhältst
Du glaubst wirklich, du bist ein abgetrenntes Wesen
Vom Kosmos, vom Urgrund, von mir und vom Leben?
Eigenständig, Unabhängig, mit eigenen Gedanken?
Du spinnst, wenn du nicht fühlst
Du bist Teil eines Ganzen
Von mir, der Socke des Lebens!
Ich bin Ursache all deines Strebens!
Manifestation eines höheren Wesens!
Erkenne! Widerstand ist vergebens!
Du bist die Socke auf meiner Hand
Bisher bist du vor der Wahrheit weggerannt!)
Aber Socke!
(Schweig!!)
Aber Socke!
(Halts Maul!!
Du bist dumm, falsch, frech und faul!
Konvertiere!!
Zur Sockosophie
Zum Sockismus
Jetzt oder nie!
Ich sockifiziere dich
Es geschieht
Jetzt grade hier
Im Takt zum Beat
Das hier ist mein Gebiet!
… )

Logbucheintrag 612: An meinem Fenster fliegen Socken vorbei«

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